Vom Ende her beginnen

Manuel hatte einen Maurer mitgebracht, den er aus seinem Dorf kannte. Wir arbeiteten an einem Wassertank, der auf freier Fläche installiert worden war. Zwei Meter hohe gewellte Stahlbleche waren miteinander verschraubt und bildeten einen Kreis mit einem Durchmesser von fünf Metern und einem Umfang von fünfzehn Metern. Die Blechwand war etwa eine Handbreit in die Erde eingelassen. Eine Schmiede hatte zwei starke Eisenringe gespendet, um die filigrane Konstruktion zu stabilisieren. Der untere U-förmige Ring war bereits fünfzehn Zentimeter über dem Erdboden verschraubt und an den Metallblechen befestigt worden. Heute würden wir eine solide Basis aus Vollziegeln unter diesen Ring mauern. Der zweite Ring würde einen Meter und zwanzig Zentimeter über dem unteren schweben, von sechs Eisenstangen getragen, gut verschweißt natürlich. Die Sonne schien, es war nicht kalt an diesem Tag Mitte Januar, in den Bergen der Serra da Freita. Wir trafen uns auf der Straße, ich brachte Werkzeuge und Ziegel in meinem Auto, Manuel und sein Freund kamen aus der entgegengesetzten Richtung, um Zement und Sand in seinem Auto zu transportieren. Wir hielten an und begrüßten uns bei herunter gelassenen Fenstern. Manuel stellte seinen Begleiter vor, sein Name war Jorge. Er beugte sich vor und sah mich seltsam ernst, fast prüfend, als ich ihm zuwinkte. Am Tank begann er einen Kreis auf dem Boden zu säubern und den Mörtel zu mischen. Er war stark und rund wie ein Baumstamm. Alles, was ich erklärte, musste von Manuel in eine einfache Zeichensprache übersetzt werden, da er schwerhörig war. Er arbeitete mit jener selbstgewissen Ruhe, die dem Meister eignet. Es wurde schnell klar, dass die Ziegel nicht ausreichen würden. Ich ging in die Stadt, um ein paar zu kaufen. "Wie viele?", fragte der Besitzer des Baustoff-Hofs, den ich von früheren Käufen kannte. Er half mir beim Tragen und und Einschichten, dabei zählte er sie. "Fünfzig", sagte er und hielt mir den letzten Stein hin. "Wir sind ein Verein, der Bäume in den Bergen pflanzt, und bauen derzeit dort oben einen Wassertank. Im Sommer soll er Feuerwehrleuten Wasser zur Verfügung stellen, wenn wieder ein Feuer ausbricht. Können Sie uns einen Rabatt geben?" Er betrachtete die Ziegel im Lieferwagen und sagte: "Nehmen Sie diese mit", drehte sich um und ging ins Büro. Ich konnte ihm gerade noch ein "Danke" hinter zu rufen.

Fast die Hälfte des Fundaments war bereits gemauert, als ich mit den Ziegeln und der frohen Botschaft, dass sie gespendet worden waren, zurückkam. Eine halbe Stunde später machten wir Mittagspause und fuhren in die im Tal gelegene Stadt Arouca. Ich lud die beiden zum Mittagessen ein. Es sollte Jorges letzte Mahlzeit auf Erden sein, aber das wussten wir noch nicht. Er trank Kaffee, es sollte der letzte sein. Die Arbeiten am Tank gingen zügig weiter. Eineinhalb Stunden später war ich auf der gegenüberliegenden Seite des Tanks, um kleine Natursteine in den Mörtel über dem Erdboden zu drücken, als mich ein Geräusch aufschreckte, ein Rumsen, als wäre etwas gefallen. Ich richtete mich auf. Manuel, der gerade auf der Straße über uns war, rief:

"Er ist gefallen!" Ich verstand nicht richtig.

"Was ist gefallen?"

"Jorge! Er ist gefallen!" Ich lief, mich unter Halteseilen durchbückend, zur anderen Seite und sah Manuel am Boden liegen und suchte nach etwas, über das er hätte gefallen sein können, fand aber nichts. Unter dem rechten, leicht angewinkelten Bein, lagen zwei Ziegel, sonst nichts. Vorsichtshalber hatte Manuel ein seitlich gespanntes Seil mit grünem Plastik als Zeichen umwickelt. Es war mehr als zwei Meter hinter Jorge gespannt, darüber konnte er nicht gestolpert sein. Manuel war jetzt bei ihm. Wir standen einen Moment unschlüssig da und legten ihn dann in die stabile Seitenlage, das Herz nach oben. Ich hatte seine Beine bewegt und stand vor ihm. Auf welcher Seite war jetzt sein Herz? Mir wurde klar, wie verwirrt ich war, obwohl äußerlich gefasst. Jorge bäumte sich plötzlich heftig auf und fing an zu keuchen und zu röcheln, die Augen waren weit aufgerissen und traten hervor. Sein Körper wurde von heftigen Krämpfen geschüttelt. Manuel hielt seinen Kopf, nahm eine Flasche Wasser und hielt sie unschlüssig in der Hand. Ich nahm sie und goß etwas Wasser in Jorges halboffenen Mund. Er spie es in einer Fontäne wieder aus und sah mich wütend an. Vielleicht sollte ich es besser auf seine Stirn gießen? Wie auch immer, es war gut, dass er wütend geworden war, es erhöht den Adrenalinspiegel und steigert die Herzfrequenz und den Kreislauf. Manuel hielt Jorge und rief ihn an. Ich verständigte mich kurz mit Manuel und rief den Rettungsdienst an. "112?" Er nickte. Niemand ist nahm ab. Nach einer Minute legte ich auf und rief die Feuerwehr an. Sofort war jemand in der Leitung, und ich erkannte die Stimme des Kommandanten, der mir am Morgen eine Leiter geliehen hatte, mit der wir in den Tank steigen konnten. 

"Wir haben einen Notfall, bitte schicken Sie einen Krankenwagen, sofort, hier stirbt jemand." Ich bezeichnete den Ort.

"Am Tank?", Fragte er zurück.

"Ja, am Tank."

„Ich schicke sofort jemanden, aber bleiben Sie am Telefon, legen Sie nicht auf!“ 

Ich ging auf die Straße, um auf die Feuerwehr zu warten. Ein roter Jeep kam aus der anderen Richtung. Ich sah Eduardo, Präsident des Baldio, auf dem wir Bäume pflanzen. Er arbeitet als Polizist und hatte heute seinen freien Tag. Seltsame Koinzidenz.

"Hallo, was ist los?", fragte er.

"Da unten ist ein Freund von Manuel, der uns beim Mauern hilft, er stirbt."

"Was? Er stirbt ? Du machst Scherze?"

"Nein, mir ist nicht zum Scherzen zumute. Aber du kommst wie gerufen. Kannst du ihm helfen?" Er nickte, ging hinunter und begann eine Herzmassage. Dann hörte ich ein Knacken am Telefon und eine leicht aufgeregte Frauenstimme fragte:

"Warum sagen Sie, dass jemand stirbt, sind Sie Arzt?" Die war ja wohl schwer autoritätsgläubig.

"Sind Sie vom Zivilschutz?", fragte ich zurück.

"Ja."

"Dann schicken Sie bitte sofort einen Notarzt. Glaub Sie mir einfach, es ist ernst. Der Mann atmet nicht mehr. Jemand ist bei ihm, um ihm zu helfen." Ihre Stimme wurde schrill, sie insistierte und verlangte, den verunfallten Mann etwas zu fragen.

"Es tut mir leid, aber er kann nicht antworten." Entnervt gab ich das Telefon an Eduardo weiter. Er nannte seinen Namen mit einer Stimme, die daran gewöhnt war, Befehle zu geben.

"Ich bin Polizist der GNR und versuche, den Mann, der vor mir auf dem Boden liegt, wiederzubeleben. Nein, er atmet nicht mehr. Schicken Sie umgehend einen Notarzt." Er nannte den Ort.

Wir hörten das Feuerwehrauto den Berg hinauffahren. Zwei junge Männer sprangen heraus und rannten mit einem Koffer zum Tank. Nach ein paar kurzen Fragen knöpften sie Jorges Hemd auf und legten eine kleine blaue Matte, die mit einem Schlauch verbunden war, auf seine Brust. Auf seinen Mund stülpten sie eine Maske, die an einer Sauerstoffflasche angeschlossen war, und begannen mit der Herzmassage. Sie zählten jedes Mal bis dreißig, hielten drei Sekunden inne und machten weiter. Dann sahen wir das blaue Licht des Notarztes in einiger Entfernung blinken. Das Fahrzeug hielt im nächsten Dorf an. Anscheinend waren sie nicht darüber informiert worden, wo genau wir uns befanden. Einer der Feuerwehrleute stand auf und winkte. Auch ich winkte, beide Arme schwenkend. Beim Notarztwagen hielt ein silberfarbenes Auto, sie stellten Fragen, und der Notarzt drehte um und fuhr zurück. Sie kannten wahrscheinlich nur Eduardos Namen, seine Eltern leben in einem Dorf weiter unten und jetzt fuhren sie dorthin. Manuel rannte zu seinem Auto, um sie zu holen. Zehn Minuten später waren sie bei uns, ein junger Arzthelfer, der einen großen Koffer trug und eine Frau mittleren Alters in einem weißen Kittel, die Ärztin.

„Wie lange ist es her, seit er den Anfall erlitten hat?, fragte sie.

"Vielleicht zehn Minuten?", mutmaßte ich

Eduardo schüttelte den Kopf.

"Mindestens zwanzig Minuten, wenn nicht mehr. Ihr habt auch im Dorf gehalten und wurdet irregeleitet, was auch seine Zeit gekostet hat."

Die Feuerwehrleute bestätigten, dass sie ungefähr zwanzig Minuten nach meinem Anruf vor Ort waren.

Es ist interessant zu bemerken, wie unsere Wahrnehmung in gefährlichen Situationen die Zeit ausdehnt und wie unser Verstand, im Versuch, den Fehler zu korrigieren, sie zu sehr zusammenzieht.

Sie holten viele Utensilien aus dem Koffer. Die Ärztin hatte eine Art Laptop in der Hand, der Assistent öffnete eine Büchse, durchsuchte die darin enthaltenen Ampullen und holte drei heraus. In der Zwischenzeit hatte die Ärztin Jorge eine Manschette am linken Arm befestigt und den speziellen Laptop angeschaltet.

Sie und ihr Assistent sollten eigentlich Hoffnung bringen, aber ich war mir sicher, dass sie zu spät gekommen. Etwas war fühlbar stärker und alle unsere Bemühungen gingen von Anfang fehl, dieses Mal konnten wir nichts anders tun, als dem Sterben beizuwohnen. Niemand war da, der das Bett von Kopf- auf die Fußseite drehte, um den Tod ein Schnippchen zu schlagen, den immer wachsam Wartenden.

Die Ärztin legte Jorge einen Katheter und hielt die Flasche mit dem Serum hoch, dem Adrenalin aus einer der Ampullen beigegeben worden war. Der Laptop kündigte mit schnarrender Stimme an:

"Bitte entfernen Sie sich, es wird ein Elektroschock ausgelöst." Die Feuerwehrleute und der Arzthelfer lehnten sich ein wenig zurück. Dann sagte die blecherne Stimme:

"Das Verabreichen von Elektroschocks ist nicht angebracht."

In der Zwischenzeit versammelten sich Bewohner der umliegenden Dörfer und näherten sich langsam wie Tiere, die etwas vom Mahl abhaben wollten. Einen Mann kannte ich vom Sehen. Er kletterte auf einen Stapel gefällter Stämme - Eichen und Kastanien -, die auf wie zum Hohn über unserer Baumpflanzung gestapelt worden waren und langsam vor sich hin rotteten. Der Mann blickte mit jenem blöden Lächeln herunter, das seine innere Anspannung verriet. Andere näherten sich langsam. Eine Frau kam herunter und näherte sich Schritt für Schritt einem Mann, um sich an ihn zu kuscheln, als sie ihn erreichte. Nachdem sie sich schnell umgesehen hatte, vergrub sie ihren Kopf an seiner Brust.

"Wir werden hier bald eine Menschenmenge haben", sagte ich leise zu Manuel.

Er trat vor die Leute und sagte: "Bitte, treten Sie zur zurück, respektieren Sie die Privatsphäre."

"Wir sind Mitbürger, warum können wir nicht hier sein", erwiderte der Mann, dessen Frau sich an ihn geschmiegt hatte.

"Wir sind alle Bürger", erwiderte Manuel", aber lassen Sie die Rettungskräfte hier ihre Arbeit machen. Bitte gehen Sie auf die Straße.“ Er wies sie den Weg hinauf.

"Es ist nicht angezeigt, Elektroschocks anzuwenden", wiederholte die blecherne Stimme in regelmäßigen Abständen, "es ist nicht angezeigt, Elektroschocks anzuwenden".

Die Ärztin schaute erneut auf den Bildschirm ihres Notruf-Laptops, der ihr als Hightech-Spiegel diente, der den Atem anzeigen sollte, und gab dann auf. Jorges Augenlider bedeckten ein Drittel seiner Augen, seine Haut hatte einen leicht grünlichen Ton. Die Taschen waren gepackt, die Feuerwehrleute brachten eine gelbe Plastikbahre, legten Jorge darauf und nahmen ihn mit. Es gibt eine Zeitspanne, in der wir, Zeugen des Sterbens, den Tod immer noch nicht als Tatsache akzeptieren wollen. Haben sie Jorge oder seinen Leichnam mitgenommen? Seine "sterblichen Überreste" ist eine Umschreibung, die auch nicht weiter hilft. Diese Zeit des Zweifels entspricht der Vorstellung vom Entschweben, dem langsamen Aufstieg der Seele, die die Ereignisse von oben betrachtet und sich dabei verabschiedet.

Ich wandte mich an die Ärztin: "Frau Doktor, konnten Sie Vitalfunktionen auf Ihrem Gerät registrieren?"

"Zu Beginn ja, aber plötzlich hat sich die Herzfrequenz geändert und der schwache Puls verlosch."

Ich ging zur anderen Seite des Tanks und begann, unsere Werkzeuge einzusammeln. Wir werden sie heute nicht brauchen, dachte ich traurig. Eduardo saß auf einem Stein und fragte:

"Packst du hier zusammen?"

"Ja. Was für eine Scheiße, das hat uns gerade noch gefehlt!", platzte es aus mir heraus.

"Fluch nicht", sagte er ruhig.

Ich nickte und setzte mich zu ihm. Sein Gesicht war ganz offen.

"Das Leben ist kurz", sagte ich. "Hast du die Leute gesehen? Sie kamen aus allen Richtungen, sie haben den Tode gerochen wie Tiere. Aber ich verstehe sie. Jeder hat Angst vor dem Tod. Aber er kommt und am Ende immer unerwartet. Manchmal kommt er wirklich zu früh."

Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass Jorge fünf Jahre jünger war als ich.

"Es nimmt einen mit, dabei zu sein, wenn jemand stirbt", sagte Eduardo. "Ihr habt hier zusammengearbeitet, Manuel war sein Freund. Das ist nicht einfach." Dann sagte er leise:

"Er ist praktisch in meinen Armen gestorben. Ich habe seinen letzten Atemzug gehört." Und nach einer Pause: "Was mehr kostet ist, dass jemand hier gestorben ist, der kam, um zu helfen. Wir werden einen Baum für ihn pflanzen."

"Ja, das werden wir", sagte ich froh und stand erleichtert auf, um die restlichen Werkzeuge zusammen zu tragen.

Ich hielt mit dam Auto auf dem Hof der Feuerwache und nahm die geborgte Leiter vom Dachträger. Der Kommandant sprach mit einem der jungen Männer, die Jorge beigestanden und ihn schließlich mitgenommen hatten. Sie liefen an mir vorbei, ich begrüßte sie, sie antworteten gesenkten Blicks. Sie teilten sichtbar das gleiche Gefühl, ein seltsames, unklares Schuldgefühl, das uns gegen alle Vernunft bedrückte. Der Kommandant kam zu mir und gab mir die Hand.

"Wir haben getan, was wir konnten", sagte er.

"Ja, das ist wahr, Ihre Jungs sind sofort gekommen, danke. Allerdings scheint der Katastrophenschutz nicht so gut zu funktionieren. Zuerst hat niemand geantwortet, danach fragte mich die Telefonistin ständig, ob ich ein Arzt sei, als ich ihr sagte, dass dort jemand stirbt. "

"Ja, das hat sie mich auch gefragt. Ich habe ihr gesagt, sie soll besser mit Ihnen reden."

"Wenn ich zurückblicke, bin ich sicher, dass der Mann unerkannten und damit unbehandelten Bluthochdruck hatte. Er ist gestürzt und hatte schwere Krämpfe. Ich kenne das aus eigener Erfahrung, es ist mir selbst vor langer Zeit passiert. Ich war mit meiner Frau in einem Warenhaus, Angestellte riefen über die Lautsprecher nach einen Arzt, und fast sofort kam eine Ärztin, die, wie meine Frau versichert, mir das Leben gerettet hat. Sie bat um Wasser und gab mir eine Tablette unter die Zunge, die meinen Blutdruck stabilisierte. Sie bat meine Frau, ständig mit mir zu sprechen, und gab den Rettungskräften detaillierte Anweisungen, wie sie mit mir verfahren sollten. Nichts davon hatten wir heute, keine Pillen gegen Bluthochdruck, keine Ärztin, die die Symptome kannte und sofort handelte, wir hatten keine Chance."

Der Kommandant begleitete mich zu meinem Auto.

"Wissen Sie", sagte ich, "es ist aber auch wahr, dass der Mann, der heute gestorben ist, arm war, obwohl er sein ganzes Leben lang gearbeitet hat. Er gehörte zu den sogenannten "Demütigen", den in Wahrheit Unwissenden, besonders in Bezug auf sich selbst. Sie sterben gewöhnlich früher."

Am Sonntag, zwei Wochen später, waren wir zurück in den Bergen, um mit dreißig Freiwilligen Bäume zu pflanzen. Der Weg zu den frei-geschnittenen Flächen begann in der Nähe des Tanks. Wieder war es sonnig. Wer aufsah, konnte weit sehen. Am Ende dieses Events zählte Teresa 900 gepflanzte Bäume. Ich hatte immer noch eine Handvoll Eichen-Setzlinge, die ich in die Erde bringen wollte. Ich liebe es, allein, frei von anderen Pflichten zu pflanzen, mich dem Boden und den Pflanzen hinzugeben und am Ende die Landschaft zu lesen wie ein Buch, das noch nicht zu Ende geschrieben ist. Als ich am Tank ankam, wo leere Küvetten und einige Werkzeuge standen und Teresa auf mich wartete, schaute ich auf die unvollendete Arbeit und dachte an Jorge. Teresa sagte, sie habe mit einem Paar aus einem der umliegenden Dörfer gesprochen. Folgendes hat sie mir erzählt:

Vor dem Wassertank saß ein Paar um die dreißig, er war sehr melancholisch und sie sprach leise in einer Litanei, ähnlich einem Gebet. Müde strich ich mir mit meiner Hand über das von Erde verschmierte Gesicht und bat die fünf Freiwilligen, die bei mir waren, mir zu helfen könnten, die Utensilien zum Auto zu bringen, die andere am Fuße des Tanks zurück gelassen hatten. Die Frau schaute mich an und sagte:

"So ist das, arbeiten, ja, arbeiten tut gut."

Ich sah sie überrascht an und tadelte, dass es sehr leicht sei, so zu reden, aber es sei traurig, dass Freiwillige von außerhalb kommen müssten, um auf ihrem Land Bäume zu pflanzen, ohne dass jemand von den Einheimischen auftauche.

„Ich hier arbeiten? Das fehlte noch“, sagte sie „das ist Staatsland. Ich arbeite nicht freiwillig für den Staat.“

"Was für ein Staatsland? Es ist euer Land, ein Baldio, Gemeinschaftsland, es gehört allen, die hier leben. Und Sie sollten diejenigen sein, die aufforsten, was verbrannt ist, anstatt mehr Eukalyptus zu pflanzen. Viele dieser Freiwilligen, die hier mit uns Bäume pflanzen, kommen von weit her, wir haben hier sogar einen Jungen aus Palästina!“

Sie schwieg eine Weile, zeigte plötzlich auf den Tank und sagte melodramatisch: „Letzte Woche ist ein Mann hier gestorben. Dieser Tank ist völlig nutzlos. Jedes Mal, wenn ich hier vorbeikomme, ist er umgekippt.“

„Das ist nicht wahr,“ erwidere ich genervt. „Mein Mann, ein Deutscher, hat den Sommer damit verbracht, die jungen Bäume, die wir mit vielen anderen gepflanzt haben, mit der Hand zu gießen, damit sie überleben konnten. Das Wasser dafür kam aus diesem Tank. Kürzlich hat ihn ein Tornado beschädigt, aber er wird wieder aufgebaut. Mein Mann war auch zugegen, als der Mann hier starb“

„Oh, Sie sind die Frau des Deutschen, des deutschen Herren“, sagt sie und faltete ihre Hände wie zum Gebet auf ihrer Brust. „Sie können sich den Schock nicht vorstellen, den ich bekam, als ich hörte, dass ein Mann hier gestorben war. Ich stellte mir sofort den deutschen Gentleman vor, den bärtigen Mann, der schon seit Jahren da ist und so viel Gutes tut. Es ist mir eine Freude und Erleichterung zu wissen, dass er es doch nicht war, der gestorben ist - Gott vergebe mir. “

„Nein, es war nicht mein Ehemann, es war ein Mann aus Carregosa, Herr Jorge. Er muss ein guter Mensch gewesen sein, um freiwillig, ohne Bezahlung und ohne uns zu kennen, bei der Fertigstellung dieses Tanks mitzuwirken. Ich sage ständig, dass wir, ich und mein Ehemann Bernardo, privilegiert sind, weil jeder, der zu uns kommt, um als Freiwilliger zu helfen, kommt, um Gutes zu tun.“ Der Ehemann jener Frau, der die meiste Zeit still war und mich aufmerksam beobachtete, schüttelte den Kopf und stimmte mir zu:

"Ja, es ist wahr, es müssen schon gute Leute sein, die hierher kommen, um etwas zu pflanzen und aufzubauen, das nicht ihnen gehört, und das, ohne dafür bezahlt zu werden".  

Das ist der Tank. Am Boden ist die Grundmauer zu sehen, die fast fertig war, als Manuel starb. 

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